Kugelmühle im Teufelsgraben – am Wildkarwasserfall

Wir begrüßen Sie auf der homepage einer der letzten noch produzierenden Kugelmühlen auf historischem Standort im Salzburger Flachgau. Die Kugelmühle ist im Teufelsgraben, Gemeinde Seeham, Ortsteil Matzing, unterhalb des als Naturdenkmal geschützten Wildkar-Wasserfalls gelegen und kann jederzeit über das gut ausgebaute Wanderwegnetz der Gemeinde Seeham erreicht und besichtigt werden.

Aktuelles

Tag der offenen Tür 2024


22.03., 19.04., 17.05., 21.06., 12.07., 26.07., 23.08., 13.09., 18.10., 15.11. jeweils 15.00 – 17.00 Uhr, bei jeder Witterung
Wir ersuchen bei Unklarheiten um kurzfristige Absprache per e-mail oder Telefon (Kontakte s. unten)
Aufgrund der beengten Platzverhältnisse wird an die Eigenverantwortung der Besucher appelliert und um entsprechende Rücksichtnahme ersucht!


An diesem Tag steht Ihnen der Kugelmüller für Fragen und Erklärungen in der Kugelmühle zur Verfügung – beobachten Sie den Produktionsprozess der Kugeln, die Schwierigkeiten und Besonderheiten der Produktion direkt in der Kugelmühle am Wildkar-Wasserfall. Eintritt frei. Kugeln können vor Ort erworben werden.

Kugelverkauf


Kugeln können beim Kugelmüller jederzeit nach Terminvereinbarung bzw. auch während der beschriebenen Aktivitäten in der Kugelmühle erworben werden.
Gerne werden die Kugeln auch per Post versandt - wir ersuchen dazu um Kontaktaufnahme per e-mail oder Telefon.
Preise (ab 18.02.2022, pro Stück):
Kugel klein (ca. 2 cm) € 5,-
Kugel mittel (ca. 4 cm) € 12,-
Kugel groß (ca. 6 cm) € 25,-


Ständige Verkaufsstellen:
Röhrmoosmühle Teufelsgraben
Biohotel Schießentobel
Tourismusverband Seeham (Büro am Strandbad)
Salzburg Museum
Blütenfest Seeham - am 24.04.2022 im Ortszentrum von Seeham

Falls Sie aus einem selbst gefundenen Stein Kugeln aus der Kugelmühle gefertigt haben wollen, können Sie jederzeit in Kontakt mit dem Kugelmüller treten (e.mail, Telefon - siehe unten). Falls technisch möglich, werden Ihre Wünsche gerne erfüllt.


Teufelsgraben-Roas


Sonntag, 24.09.2023
Nähere Information über die Informationskanäle des Tourismusverbandes Seeham.

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Lange Nacht der Museen


Samstag, 05.10.2024
Geführte Fackelwanderungen im Teufelsgraben mit Besuch der Keltenschmiede (Schießentobel), der Röhrmoosmühle und der Kugelmühle.
Nähere Information über die homepage der Langen Nacht der Museen

Salzburger Museumswochenende 2024


Termin: 26.05.2024
Nähere Information ab April 2024 auf der Website des Landesverbandes Salzburger Museen und Sammlungen .
Foto: Museumswochenende 2019

Geologische Wanderung


Die Rundwanderung beginnt und endet am Schießentobelgut. Nach einer kurzen Einführung in die regionale Geologie und einem Überblick über das Salzburger Alpenvorland (Blick bis in die nördlichen Kalkalpen – Dachstein, Tennengebirge, Hochkönig,…) beginnt die Wanderung entlang des Abbruchs zum Teufelsgraben Richtung Matzing. Während der Wanderung werden die örtlichen Gegebenheiten, die Entstehung und Weiterentwicklung des Teufelsgrabens besprochen (Eiszeit, Erosion, Entstehung der Alpen). Abstieg in den Graben und Wanderung im Graben aufwärts zum Wildkarwasserfall. Hier wird die Entstehung des Wasserfalles erklärt und anschließend die Kugelmühle im Teufelsgraben besichtigt. Zum Abschluss können am Steinbruch an der Röhrmoosmühle Fossilien besichtigt, im Bachbett auch gesammelt werden. Von dort Rückwanderung zum Schießentobelgut. Führung durch einen Geologen (und Kugelmüller), Preis p.P.: EUR 8,-, Terminvereinbarung über: kugelmuehle@gmx.at

Geschichte

Geschichte der Kugelmühlen im Salzburger Land

Die Geschichte der Kugelmühlen im Salzburger Land, genauer im Flachgau, ist durch die Arbeit von Freudlsperger, 1919, (s. Downloadbereich) welche auf Akten der Pfleggerichte aus dem 18. Jahrhundert basiert, sehr gut aufgearbeitet:



  • Im späten 16. Jahrhundert Beginn der Ausfuhr von Kugeln (schon 1589 wurde aber eine Maut für Ausfuhr von Kugeln festgelegt)
  • Lieferung via Salzburg bis Rotterdamm, Hamburg, Amsterdam, London, anschließend Ausfuhr nach „Ost- und Westindien“ „zum Schiffsschweren“ bzw. „zum Schiessen“ sowie an den Nürnbergischen Spielzeughandel.
  • 1693 Beschwerden von Fischereiberechtigten aus Bergheim bezüglich der beständigen Zunahme von Kugelmühlen, welche den Fischereiertrag mindern
  • Ab 1739 Aufnahme der Angelegenheit durch die Hofkammer, Anfrage an die relevanten Pfleggerichte (Neuhaus, Neumarkt, Teisendorf, Glanegg, Hüttenstein, Laufen, Mattsee, Stauffenegg, Straßwalchen, Tettlheim, Tittmoning, Wartenfels und das Stadtgericht Salzburg) bezüglich vorhandener Betriebe. Es wurden daraufhin in den Pfleggerichten Glanegg, Laufen, Mattsee, Neuhaus, Neumarkt, Stauffenegg, Wartenfels und im Stadtgericht Salzburg Kugelmühlen dokumentiert.
  • Anschließend Proteste der Kugelmüller (Hinweis auf geringen Ertrag)
  • 1792: Dekret der Hofkammer zur Unterstützung des Kugelmüllerwesens, gleichzeitig zur Bestandsaufnahme an diverse Pfleggerichte (Anzahl Mühlen, Jahresproduktion etc.)
  • Aus den erhaltenen Unterlagen dieser angeordneten Untersuchung gute Daten über das Kugelmühlwesen im ausklingenden 18. Jhdt.
  • Nach Hofkammerbefehl 07.08.1797 mit Einführung sog. Willengelder (Steuer) „Heimsagung“ einer großen Anzahl von Mühlen wegen fehlender Rentabilität

  • Auflistung der Mühlen nach Freudlsperger, 1919 (Betriebe/Gänge):
  • Glanegg (8/68) 8,5
  • Laufen (16/217) 13,6
  • Mattsee (9/85) 9,4
  • Neuhaus (35/364) 10,4
  • Neumarkt (5/23) 4,6
  • Staufenegg (5/71) 14,2
  • Wartenfels (6/54*)
  • Stadtgericht Salzburg (3/30) 10
  • Insgesamt 87 Betriebe
    Gang: ein Schleifstein mit Laufrad
    Anm.: Reißer als Gang gerechnet, Jahresangaben tw. unterschiedlich, Gänge im Maximaljahr gewertet
    Kursiv: durchschnittliche Betriebsgröße (Anzahl Gänge)
    *Angaben Gänge unvollständig



    Auch in älteren Berichten wie z.B. den naturhistorischen Briefen (Franz von Paula Schrank und Karl Ehrenbert Ritter von Moll, 1785 – 13. Brief, S. 225ff) existieren erste Beschreibungen der Kugelmüllerei am Untersberg (Fürstenbrunn):

    „….Aber ich muss Sie noch mit einem andern, aber einfachen und eben darum für einen Philosophen merkwürdigen Producte bekanntmachen, das zwar auch im Salzburgischen, besonders zu Greding (Grödig, Anm.) verfertiget wird, wo ich aber die Verfertigung nicht selbst mitangesehen habe; es sind dieß die Klucker, das ist, kleine Kugeln von unnützen Trümmern Marmor oder Kalkstein, die ungefähr einen halben Zoll im Durchmesser haben möchten. Ich hatte mir eine zusammengesetzte Maschine eingebildet, wenigstens eine Mühle glaubte ich dazu nothwendig, und sehen Sie, wie die Einwohner die Sache schicken.-Sie wählen eine ziemlich stark abhangende Anhöhe, von welcher oben ein Bächlein herabströmt, das man etwa mit einer starken Hand verdecken möchte; die Neigung der Anhöhe, welche ich sah, schäzte ich so ungefähr auf 45°; der Rinnsaal des Bächleins hat nur entweder schon für sich selbst kleine Abfälle, oder sie graben ihn in verschiedenen Entfernungen ab, um kleine Wasserfälle zu erhalten; unter dem Orte dieser Wasserfälle versenken sie in die Erde eine Sandsteinplatte, in die sie vorher verschiedene kreisförmige Rinnen gearbeitet, und in die Mitte in Loch, das aber den Stein nicht ganz durchgeht, angebracht haben. Ein Wellbaum, der etwas mehr als ein Fuß hoch ist, unten gleichfalls eine Platte von Sandstein, und um seine Mitte auf die Axe lothrecht angebrachte Windmühlenflügel hat, wird in dieses Loch eingezapfet, und von dem auf seine Flügel herabfliessenden Wasser herum getrieben. Die Steine, welche zu Kluckern bestimmt sind, werden vorher in unförmliche Würfel gebrochen, alle Ecken abgestumpfet, und dann in die Rinnen geleget, wo sie von dem herumtreibenden Wellbaum ohne weiteres Zuthun des Arbeiters zu ganz artigen Kügelchen gedrehet werden. Der Gebrauch davon muß mannigfaltig seyn, weil sich einige kleine Familien von dieser Arbeit nähren; unterdessen wußte ich lange keinen andern, als gewisse Spiele unserer Knaben, und die Verzierungen der Gesimse. Wissen Sie aber wohl, daß Gibraltar“ (Hier bricht leider die Erzählung abrupt ab, Anm.)

    Es wurden v.a. kleine Kugeln (Durchmesser 1-2 cm), als „Klucker“, „Schusser“ oder „Datscher“ bezeichnet, produziert, daneben aber auch größere, sog. „Pecker“. Der Gesamtexport im Spitzenjahr 1787 betrug 1002 Zentner (1 Zentner damals 100 Pfund, also ca. 45 kg)! Im Schnitt erreichten 10.000 Schusser das Gewicht von 1 Zentner.



    Es scheint also die Kugelmüllerei ein lokales, auf den Flachgau und den angrenzenden Rupertigau sowie Teile des Berchtesgadner Landes beschränktes Spezifikum gewesen zu sein. Später entwickelten sich weitere Zentren der Kugelmüllerei (z.T im industriellen Stil) z.B. in Nordfranken und Südthüringen.

    Aufbau

    Aufbau einer Kugelmühle früher und heute




    Jede Kugelmühle besteht aus einem liegenden Mühlstein, dem sogenannten Schleifer, in welchen konzentrische Rinnen eingearbeitet sind. In diese Rinnen werden die Kugelrohlinge eingelegt und durch das darüber liegende Mühlrad, den sog. Läufer, in eine kreisende Bewegung in der beschriebenen Rinne versetzt. Der Schleifer war und ist aus hartem, sehr feinkörnigem Quarzsandstein (siehe Abbildung). Der Sandstein für die Flachgauer Kugelmühlen wurde vorwiegend vom Högl, einem Hügel im bayrischen Grenzland geliefert, auf welchem große Mühlsteinbrüche existierten. Auch vom Haunsberg (Steinbruch im Bereich Frauengrube) wurden Mühlsteine gebrochen. Von entscheidender Bedeutung für die Qualität der Mühlsteine ist der Quarzgehalt, die Festigkeit der die einzelnen Quarzkörnern zementierenden Matrix sowie die Korngröße des Quarzes. Diese Faktoren entscheiden über Haltbarkeit des Schleifers und Qualität der Oberfläche der fertigen Kugel. Aktuell wird auch ein Schleifer aus Schwarzachtobler Sandstein (Vorarlberg) verwendet, welcher sich bei ausgeprägter Feinkörnigkeit durch besonders hohen Quarzgehalt auszeichnet. Gröbere Mühlsteine für eine erste Formgebung der Rohlinge wurden auch „Reißer“ genannt.

    Der Läufer war in früheren Phasen oftmals ebenfalls aus Quarzsandstein gefertigt, modernere Mühlen verwenden Läufer aus Hartholz (Eiche, Esche), welche die Rohlinge antreiben und führen ohne selbst eine schleifende Wirkung zu besitzen.



    Die ersten beschriebenen Kugelmühlen waren sog. Grindelmühlen. Bei diesen wurde der Läufer über eine starre Welle von einem oberhalb liegenden Schaufelrad betrieben (siehe Abbildung). Der Läufer mit Antrieb war dabei auf einem einfachen Holzrahmen montiert, bisweilen auch über die Welle mit dem Schleifer verbunden (eingezapft). Eine frühe Beschreibung einer Grindelmühle findet sich bei Schrank & Moll, 1785 – s. „Geschichte der Kugelmühlen“.

    Ab zumindest dem frühen 19. Jhdt. wurden zunehmend Angelmühlen gebräuchlich, welche vom Aufbau her wesentlich einfacher, daher auch weniger störungsanfällig sind.



    Für die Angelmühle wird der liegende Mühlstein mit einer zentralen Bohrung versehen, nach Befüllung der Schleifrinne wird der Läufer, welcher ebenfalls über eine zentrale Bohrung verfügt, direkt aufgelegt und über einen vertikal eingeführten Eisenstab („Angel“) mit dem Mühlstein beweglich verbunden. Der Läufer ist direkt mit Schaufeln ausgestattet, sodass der Wasserantrieb direkt am Läufer erfolgen kann (siehe Abbildung).

    Teufelsgraben

    Wassereinlauf in die Kugelmühle


    Die Kugelmühlen im Teufelsgraben

    Für den Einzugsbereich des Teufelsgrabens sind in den Akten des Pfleggerichtes Mattsee (Freudlsperger, 1919) vermutlich mehrere Standorte von Kugelmühlen vermerkt:

  • Tobelmühle („Dopplmühle“) – Abdmann Thomas, Müller an der Tobelmühle produzierte zumindest bis ins angehende 19. Jahrhundert – letzte Einträge stammen aus dem Jahre 1806. Produktion: 22.500 – 120.000 Datscher mit 8 Gängen und 4 Reißern
  • Kugelmühle des hofurbarischen Schießentobelgutes – Jakob Dürnberger produzierte noch 1797 mit 4 Gängen und 4 Reißern 22.000 Kugeln und schloss die Mühle im gleichen Jahr.
  • Kugelmühle am hofurbarischen Wildenkaarhaus – Johann Höpflinger bezog die Rohlinge vom Dürnberger und produzierte mit 3 Gängen und 2 Reißern zumindest bis ins Jahr 1806. Im besten Jahr 1804 100.000 Datscher
  • Für Außerwall werden Fürst Wolfgang (Spitzlfeldmühle) und Rupert Fürst (Kleinhäusler) als Betreiber von Kugelmühlen benannt. Beide bezogen ihre Rohlinge vom Gaisberg und aus Feichten (bei Berndorf), Wolfgang Fürst produzierte bis 1798 bis zu 30.000 Datscher pro Jahr, Rupert Fürst mit bis zu 16 Gängen 15.500 Datscher. Rupert Fürst sagte 1797 heim.
  • Der Müller von Innerwall, Lorenz Mödlhammer, produzierte bis 1799 auf 4 Gängen maximal 15.500 Datscher und bezog die Kugelsteine vom Gaisberg.

  • Im Inneren der Kugelmühle


    Die Kugelmühle im Teufelsgraben steht unterhalb des Wildkar-Wasserfalles auf historischem Boden. Bei ihrer Wiedererrichtung im Jahre 1983 auf Initiative des Eigentümers, Hermann Rosenstatter sen (Schießentobelgut) und unter der Ägide des Seehamer Bildungswerkes stieß man auf historische Mühlsteine in Originallage. Es ist davon auszugehen, dass bis ins ausklingende 18. Jahrhundert zumindest 6 Schleifer (jeweils drei hintereinander) eingebaut waren. In der aktuellen Mühle sind zwei Gänge eingebaut, welche seit 1983 wieder als eine von nur mehr zwei Kugelmühlen im Flachgau auf historischem Boden Kugeln produziert.

    Im Jahre 2015 wurde an anderer Stelle im Teufelsgraben durch Heidi Rosenstatter eine weitere historische Kugelmühle wiederentdeckt, welche durch Erosion an der Bachsohle freigelegt wurde. Diese Mühle wurde im Oktober 2016 unter Mithilfe von Dr. Peter Höglinger und mit finanziellen Mitteln des Bundesdenkmalamtes wissenschaftlich-archäologisch bearbeitet. Erstmals wurde damit eine historische Kugelmühle untersucht. Über Scherben von Gefäßen konnte eine vorläufige Datierung auf das zweite Drittel des 16. Jahrhunderts erfolgen. Eine erste Präsentation in der Zeitschrift Salzburger Volks.Kultur (44. Jahrgang, Mai 2020) ist im Downloadbereich verfügbar.

    Gesteine

    Verwendete Gesteine

    Grundvoraussetzungen für jeden „Kugelstein“ sind:
  • seine Härte – er muss deutlich weicher als der Schleifer sein
  • sein Gefüge – gleiche Eigenschaften in alle drei Raumrichtungen (Isotropie). Schiefer zum Beispiel ist aufgrund seiner flächigen Struktur nicht geeignet
  • seine Homogenität – keine Klüfte. Am besten eignen sich bereits in einem Bach natürlich „vorbearbeitete“ Gesteine – alles, was lose werden könnte, ist schon entfernt

  • In früheren Zeiten, zur Hochblüte der Kugelmüllerei, wurde zwischen „gemeinen“ und „marmornen“ Kugeln unterschieden. „Gemeine“ Kugeln wurden aus Gesteinen wie Sandstein, Kalksandstein etc. aus der näheren Umgebung der Kugelmühlen erzeugt. Hauptgesteine für die „marmornen“ Kugeln waren damals polierfähige Kalksteine (im Volksmund gerne auch Marmor genannt) wie Adneter Kalk, Untersberger Kalk und ein schwarzer Kalkstein aus dem Wiestal bei Hallein.

    Heute werden Kugeln ebenfalls aus den drei genannten Gesteinen produziert, daneben aber auch noch aus einer Vielzahl anderer Gesteine. In der Seehamer Kugelmühle werden natürlich auch die Gesteine des Teufelsgraben verarbeitet (Lithotamnienkalk, Nummulitensandstein) aber auch andere Gesteine aus der näheren und weiteren Umgebung wie Dachsteinkalk, Hierlatzkalk, Plassenkalk u. v. m. Exemplarisch werden einige historisch und auch aktuell häufig in der Kugelmühle im Teufelsgraben verwendete Gesteine dargestellt:

    Nummulitensandstein und Lithotamnienkalk



    Nummulitensandstein (rechts) und Lithotamnienkalk (links) – Gesteine aus dem Teufelsgraben; der graue, dichte, fossilreiche Lithotamnienkalk bildet die senkrechte Wand des Wildkarwasserfalles, oberhalb befindet sich die Zone des rotbraunen Nummulitensandsteins, welcher eine Vielzahl von Nummuliten (Skelette von Einzellern mit bis zu 2 cm Durchmesser) und andere Fossilien (Austern, Seeigel etc.) enthält. Der Nummulitensandstein lässt sich aufgrund seiner Porosität nicht polieren, er wird geölt.

    Die Gesteine wurden in warmem Klima in einem seichten Meeresbereich abgelagert und finden sich entlang der Alpennordseite zwischen Vorarlberg und Oberösterreich in diskontinuierlichen Vorkommen. Alter der Gesteine: Eozän, 50–55 Millionen Jahre

    Fischschiefer



    „Fischschiefer“ aus dem Wiestal bei Hallein. Dieses Gestein (eigentliche Bezeichnung: Seefeld-Schichten) wurde und wird sehr gerne als Kugelstein verwendet, da es hervorragende mechanische Eigenschaften aufweist und gleichzeitig durch seine ausgeprägte Schichtung und dunkle Färbung gemeinsam mit den durchziehenden weißen Kalzitadern sehr attraktiv ist. Es handelt sich um eine bituminöse (reich an organischen Ölen) Lage innerhalb des sog. Hauptdolomites, welcher in der oberen Triaszeit in einer seichten Lagune gebildet wurde.


    Bei stärkerem Gehalt an Tonmineralen nimmt das Gestein eine hellbeige Farbe an und verliert an Härte, bleibt dabei aber ähnlich attraktiv. Das Gestein kommt in relativ geringmächtigen Lagen vor und findet sich in Tirol und Salzburg. Alter der Gesteine: Obertrias, 205–210 Millionen Jahre

    Adneter Kalk



    Adneter Kalk, meist als „Marmor“ bezeichnet handelt es sich bei diesem Gestein um einen sehr bekannten, polierfähigen roten bis grauen Kalkstein meist aus den Steinbrüchen bei Adnet. Sehr beliebter Bau- und Dekorstein mit weiter Verbreitung. Es gibt von diesem Gestein jedoch auch viele weitere Vorkommen im Bereich des Alpenbogens (z. B. am Traunsee in Oberösterreich). Das Gestein besticht durch seine intensive Rotfärbung und die oft ausgeprägten schwarzen Manganhäutchen, welche für Lebhaftigkeit sorgen. Mitunter finden sich auch weiße, kalzitische Adern. Alter der Gesteine: Unterer Jura, um 190 Millionen Jahre

    Untersberger Marmor



    Untersberger „Marmor“ – wie beim Adneter Kalk handelt es sich auch hier um einen polierfähigen, dichten, brekziösen Kalkstein, welcher meist als Marmor bezeichnet wird. Das Gestein ist weiß bis rosa gefärbt und zeigt oft rote, punktförmige Einlagerungen, die ihm den Beinamen „Forellenmarmor“ bescherten. Der Abbau erfolgt an der Nordseite des Unterberges, wo auch aufgrund der hervorragenden Materialeigenschaften sehr früh bereits Kugelmühlen entstanden. Das Gestein wird im Bauwesen oft gemeinsam mit dem Adneter Kalk verwendet. Alter des Gesteins: Oberkreide/Paläozän, um 90–60 Millionen Jahre

    Wasserkraft


    Wasserkraft und Geologie

    Die Kugelmühle ist abhängig von der Wasserzufuhr aus dem Teufelsgrabenbach. Der Bach, welcher einige Kilometer weiter oberhalb aus einem Moor entspringt, besticht durch sein bräunlich gefärbtes Wasser, die Färbung entsteht durch Huminsäuren und andere Stoffe, welche aus dem Moor ausgespült werden.



    Das Einzugsgebiet des Baches liegt überwiegend in Grundmoränensedimenten, welche während der letzten Eiszeit (Würm) mit ihrem Höhepunkt vor ca. 20.000 Jahren abgelagert wurde. Diese Sedimente haben einen hohen Feinanteil und sind dementsprechend sehr dicht. Ankommende Niederschlagswässer rinnen also ohne große Verzögerung der Schwerkraft folgend in den nächstgelegenen Graben ab. So erreicht der Teufelsgrabenbach bei Niederschlag sehr rasche, hohe Abflussspitzen, nach Ende des Niederschlages geht die Schüttung auch sehr rasch wieder zurück (siehe Abbildung).



    Der Wildkarwasserfall wird von sog. helvetischen Gesteinen aufgebaut, welche sich im Tertiär (vor ca. 48-56 Millionen Jahren) in einem warmen, seichten Meer ablagerten. Daher sind die Gesteine auch sehr fossilreich – es finden sich Schalen von Muscheln, Austern, Schnecken, Seeigeln, Einzellern u.v.a.m.

    Die helvetischen Gesteine liegen unter mehreren Zehner-Metern Grundmoräne verborgen und wurden nur im Bereich des Wasserfalles und oberhalb davon durch die erosiven Kräfte des Teufelsgrabenbaches freigelegt.

    Handwerk


    Handwerk – Vor- und Nachbereitung der Kugeln

    Die Rohlinge wurden früher mittels Hammer (Stockhammer) von Hand in eine grob runde Form gebracht und anschließend in der Kugelmühle weiter verarbeitet – oftmals in zwei Mahlgängen (Reißer – grob, Schleifer – fein). Ein guter Hauer schaffte an einem Tag 1000–1200 kleine Rohlinge.

    Heute werden aus dem Ausgangsmaterial Würfel mit der gewünschten Kantenlänge geschnitten, anschließend werden die Kanten gebrochen und mittels Schleifer eine grob runde Form erzeugt. Der weitere Schliff erfolgt in der Kugelmühle. In Abhängigkeit von der Härte des Ausgangsmaterials, der Qualität der Vorbereitung und dem aktuellen Wasserdargebot dauert die Mahlzeit für große Kugeln (ca. 6 cm Durchmesser) 1–4 Tage, für kleine Kugeln (Durchmesser 1–2,5 cm) 12-18 Stunden.

    Nach dem Mahlvorgang in der Kugelmühle werden die Kugeln getrocknet, ihre Oberfläche ist bereits vollkommen glatt. Den Abschluss bildet eine Politur mit Aluminiumoxid und Baumwolle.

    Verwendung


    Geschoße

    Zur Blütezeit der Kugelmüllerei wurden die Kugeln einerseits als Geschoße in verschiedener Weise verwendet (kleine Kugeln wurden auch „Schusser“ genannt!):
  • Munition für Vorderlader – es existieren Berichte von Schlachtfeldern aus dem 30-jährigen Krieg, auf welchen heute noch bei landwirtschaftlicher Nutzung Steinkugeln zutage treten
  • Einzelgeschoß in Schleudern (Balläste, Schnepper, Kugelarmbrust) zur Vogeljagd (siehe Abbildung)
  • Als Großschrot (Schrapnell) in Schiffskanonen – es wurde vorwiegend auf die Segel des Gegners gezielt!

  • Spielzeug

    Als Kinderspielzeug wurden die Kugeln seit jeher in einer Vielzahl von Spielen eingesetzt. Freudlsperger, 1919 (im Downloadbereich), listet eine Vielzahl von Murmelspielen auf. Die Steinmurmeln wurden bis ins 20. Jahrhundert in großer Zahl und halbmaschinell im Bereich Nordfranken/Südthüringen erzeugt und teilweise auch künstlich gefärbt.

    Ballast

    In Fässern eingelagert wurden die Kugeln in großer Zahl als Ballast in Handelsschiffen verwendet – vermutlich um auch über den Absatz des Ballasts in den Zielhäfen noch einen geringen Umsatz zu erzielen. Reisende berichten von „Salzburger Kugeln“ in fremden Landen.

    Dekoration

    Die heutige Verwendung beschränkt sich auf Dekorationszwecke bzw. als „Schmeichelstein“. Da jede Kugel ein Unikat ist und ihre Eigenheiten Farb- und Strukturspiele aufweist, bleiben sie immer lebendig. Aufgrund der fein gearbeiteten Oberfläche und der perfekten Rundung liegen die Kugeln auch gut in der Hand. Teilweise werden sie auch als Trainingsinstrument zur Stärkung der Fingermuskulatur bzw. zur Förderung der Beweglichkeit verwendet.

    Anfahrt & Kontakt



    Kugelmühle Teufelsgraben, Seeham
    Kugelmüller: Paul Herbst
    kugelmuehle@gmx.at
    mobil: +43-664-5327156

    Anfahrt

    Vom Ortszentrum Seeham Richtung Obertrum in den Ortsteil Matzing (hier auch Haltestelle des öffentlichen Verkehrs – Bus). Hier rechts Richtung Hochseilgarten/Teufelsgraben/Kugelmühle einbiegen. Parken nach ca. 500 m (großer Parkplatz). Von hier der Beschilderung „Naturerlebnispfad“ durch den Teufelsgraben folgen, die Kugelmühle befindet sich am Wanderweg. Gehzeit ca. 15-20 min. Alternativ mit sehr schönen Ausblicken über das Alpenvorland bis in die nördlichen Kalkalpen bietet sich der Weg vom Biohotel Schießentobel entsprechend der Beschilderung an.


    Links


  • Anwendung der Steinkugeln aus dem Teufelsgraben in einem Hilfsprojekt in Uganda: Wasserpumpen
  • Aktivitäten rund um den Teufelsgraben: www.teufelsgraben.at
  • Biohotel Schießentobel (Ausgangspunkt für geol. Wanderung, Stachelschießstand und -museum): www.schiessentobel.at
  • Tobelmühlhof (Ausgangspunkt für Wanderungen in den Teufelsgraben, Urlaub am Bauernhof): www.tobelmuehlhof.com
  • Aicherbauer (Geführte Wanderungen imTeufelsgraben, Urlaub am Bauernhof): http://www.aicherbauer.com/
  • Alles über Kräuter, Pflanzen im Teufelsgraben (und noch viel mehr): Monika Rosenstatter
  • Generelle touristische Informationen zu Seeham (inkl. Unterkünfte, Gastronomie, Themenwanderungen im Teufelsgraben):
    www.seeham-info.at
  • Touristische Informationen zur Region: www.salzburger-seenland.at
  • Präsentation der Kugelmühle: www.sommerfrische-salzburgerland.at
  • Einkehr im Teufelsgraben: Röhrmoosmühle
  • Zusätzliche Aktivitäten: Naturlehrpfad, Hochseilpark
  • Brechelbad zu Webersberg - Museum, Veranstaltungen: www.brechelbadseeham.at
  • Des Kugelmüllers liebste Weisen: www.stimmlos.at
  • Mühlstein (Quarzsandstein): www.schwarzachtobler.com


  • Downloads


    Artikel Salzburger Volks.kultur, 44. Jahrgang, Mai 2020
    Artikel Servusmagazin
    Freudlsperger 1919

    Literatur


    FREUDLSPERGER, H. 1919: Die Salzburger Kugelmühlen und Kugelspiele. Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, LIX. Vereinsjahr 1919, Heft I und II, 1-36.

    BOESTEL, A. – ohne Jahreszahl: Die Salzburger Kugelmühlen. Sonderdruck aus Homo Ludens VI, Thema: Ball- und Kugelspiele. Internationale Beiträge des Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik an der Hochschule „Mozarteum“ Salzburg.

    Impressum



    F.d.I.v.:
    Paul Herbst, Kugelmühle Teufelsgraben, 5164 Seeham; kugelmuehle@gmx.at

    Fotos:
    Alexander Maria Lohmann, Leo Fellinger, Paul Herbst

    Logo Gestaltung:
    Reinhard Weiß

    Webdesign:
    Manuel Radde mit Cargo Collective

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